Ich hab ja nichts zu verbergen… ODER?

Warum deine Daten wertvoller sind, als du denkst

„Ich hab ja nichts zu verbergen“ – dieser Satz ist einer der häufigsten Rechtfertigungen für das eigene Desinteresse am Thema Datenschutz. Doch er offenbart ein tiefes Missverständnis: Es geht nicht darum, ob du etwas zu verbergen hast. Es geht darum, was andere mit deinen Daten tun – und wie viel sie damit verdienen.

Wer bin ich – für Datenhändler?

Wir leben in einer Welt, in der personenbezogene Informationen zu einer der wertvollsten Ressourcen geworden sind. Datenbroker und Tech-Giganten sammeln, analysieren und verkaufen unsere Informationen – meist ohne unser aktives Einverständnis. Der Satz „kostenlos“ bedeutet in der digitalen Welt oft nur eins: Du bist nicht der Kunde – du bist das Produkt.

Was sind deine Daten wert?

Der Marktwert deiner Daten hängt davon ab, welche Daten vorliegen und in welchem Kontext sie genutzt werden:

Preise im Darknet (Stand: 2024–2025):

Datenart Wert

E-Mail + Passwort 1 – 10 €
Komplette Identität (Name, Adresse, Geburtsdatum, Telefonnummer) 30 – 100 €
Verifizierte PayPal-Konten 50 – 500 €
Gesundheitsdaten bis zu 1000 €
Social-Media-Konten 5 – 60 €
Kreditkarten mit CVV 10 – 120 €

Quelle: Privacy Affairs – Dark Web Price Index 2024
Weitere Analyse: Statista & Comparitech 2023–2024

Daten im legalen Handel (Datenbroker):

Daten wie App-Nutzung, Standort, Klickverhalten, Altersgruppe und Einkommen werden von Datenbrokern gebündelt verkauft. Oft in Millionenhöhe – aber aufgeschlüsselt ergibt sich:

Datenprofil Wert pro Nutzerprofil

Vollständiges digitales Profil (Demografie, Surfverhalten, Kaufverhalten, Standortdaten) 25 – 100 € / Jahr
Reines Surfverhalten 0,01 – 0,10 €
Bewegungsprofil via Smartphone bis zu 0,20 €

Quelle: Cracked Labs – Corporate Surveillance Report
Mozilla, EFF & Ghostery Analysen zu Datenhandel

Die Macht der Verhaltensmuster

Besonders wertvoll sind nicht nur statische Daten wie Name oder Adresse – sondern Verhaltensmuster:

Wann kaufst du online ein?

Wo hältst du dich auf?

Wofür interessierst du dich?

Welche Emotionen drücken deine Likes aus?

Diese Muster lassen sich mithilfe von KI-Modellen vorhersagen und für gezielte Werbung, politische Beeinflussung oder sogar Risikoeinschätzungen (z. B. bei Krediten) verwenden.

Warum du sehr wohl etwas zu verlieren hast

Deine Daten werden gegen dich verwendet: für personalisierte Preise, gezielte Werbung, Versicherungsbewertungen oder politische Manipulation.

Mit jedem „Ich hab nichts zu verbergen“ stärkst du ein System, das Macht ohne Transparenz ausübt.

Identitätsdiebstahl, Fake-Konten oder Kreditbetrug – all das basiert auf Daten, die man einfach im Netz kaufen kann.

Kostenlos? Nicht wirklich.

Facebook, Google, TikTok, Spotify – alle bieten „kostenlose“ Dienste. Doch du bezahlst mit deinen Gewohnheiten, deinen Kontakten, deiner Aufmerksamkeit und deiner Zeit.

Ein Facebook-User bringt dem Unternehmen im Schnitt etwa 250 € jährlich ein (Meta Financials 2023). Nicht, weil du zahlst – sondern weil dein Verhalten vermarktet wird.

Was du tun kannst:

Nutze Suchmaschinen wie DuckDuckGo oder Startpage.

Blockiere Tracker mit uBlock Origin, Privacy Badger oder Ghostery.

Verwende alternative Messenger wie Signal statt WhatsApp.

Prüfe deine Leaks mit https://haveibeenpwned.com/

Lies Datenschutzerklärungen kritisch – oder noch besser: meide Datenkraken ganz.


Fazit: Deine Daten sind etwas wert – nur nicht für dich.

Sich auf den Satz „Ich hab nichts zu verbergen“ zu verlassen, ist naiv. Deine Daten sind nicht harmlos, sie sind eine Währung. Eine, die du täglich zahlst – ohne Quittung. Wer Kontrolle über Daten hat, kontrolliert Verhalten, Märkte und Meinung.

Privatsphäre ist kein Verbrechen. Sie ist dein digitales Grundrecht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert